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beneFit bringt Langzeitarbeitslose wieder in Bewegung

Am Ball bleiben

14. Oktober 2024

Wie zwei Freiburger Gründer*innen Langzeitarbeitslosen zum Sport verhelfen

Sport tut gut, ist gesund und bringt uns mit anderen Menschen zusammen. Aber was ist mit denjenigen, die aufgrund ihrer sozialen Situation keinen Zugang zu Sportangeboten haben?  Der Freiburger Verein beneFit möchte genau diese Menschen unterstützen und sie in Bewegung bringen. Wie das gelingt und was sie bisher erreicht haben.

Die Sporttasche packen, aufs Fahrrad schwingen und zum nächsten Fitnessstudio oder zur nächsten Turnhalle radeln, um etwas für Körper und Geist zu tun – was für viele Menschen so simpel und selbstverständlich klingt, ist für andere keine Option.

In Baden-Württemberg sind im Jahr 2024 79.172 Menschen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen (sie sind ein Jahr und länger ohne Arbeit), die meisten sind 55 Jahre und älter. 70,8 Prozent der Langzeitarbeitslosen haben laut einer Umfrage der Agentur für Arbeit gesundheitliche Einschränkungen.

Für sie sind Sport und Bewegung oft schon eine längere Zeit kein Thema mehr; zu hoch die Barriere durch finanzielle Probleme, durch Ängste, Isolation und durch das eigene Schicksal. Hinzu kommt: Es gibt zu wenige niederschwellige und kostenfreie Angebote, die diesen Menschen zur Verfügung stehen. Dabei kann Sport helfen, Motivation aufzubauen und neue Zuversicht zu gewinnen, um sich aus der bestehenden und belastenden Situation zu befreien. Diese Chance haben Lukas Oettle und Theresa Wießmann erkannt und 2020 ihre Idee von beneFit entwickelt.

Der Ursprungs-Moment

Sportsoziologe Lukas arbeitete zu diesem Zeitpunkt ehrenamtlich bei der Freiburger Tafel, hatte erste Anknüpfungspunkte zu Menschen in Wohnungslosigkeit sowie ein Interesse, das Thema Sport und Armut näher zu betrachten. Auch Theresa engagierte sich während ihres Sportstudiums bei der Freiburger Hilfsgemeinschaft, zuvor arbeitete sie als Sporttherapeutin in einer Psychiatrie.

Schließlich besuchte Lukas ein Seminar an der Uni, das der bene.Fit-Idee den nötigen Startschub verlieh. Darin ging es um verschiedene Freiburger Sportprojekte und deren Zielgruppen, mit dem Ergebnis, dass es für Menschen in Armut kaum Möglichkeiten gibt. „Das war der Moment, an dem unsere Idee ihren Ursprung fand“, erinnert sich Lukas.

Mit Anfangs viel Unterstützung durch das Freiburger Institut für Sport und Sportwissenschaft reifte das Projekt. Durch ihre Ehrenämter hatten Lukas und Theresa Kontakt zur Zielgruppe und zu entsprechenden Einrichtungen. „Anfangs haben uns vor allem die Einrichtungen und viele Sozialarbeitende rückgemeldet, dass unsere Idee zwar super sei, es aber voraussichtlich schwierig werde, dass die Menschen auch am Sportprogramm teilnehmen.“ sagt Theresa. Doch sie blieben am Ball, sprachen immer wieder mit Betroffenen und mit sozialen Einrichtungen, verteilten Flyer und erarbeiteten ein erstes Kursangebot – alles mitten in der Corona-Pandemie.

Die beiden Gründer*innen erinnern sich noch gut an ihren allerersten Kurs: „Es waren unglaublich viele Leute da, womit wir nicht gerechnet hatten. Und es war ein totales Chaos, da wir alle Teilnehmenden zuvor auf Corona testen mussten und das im strömenden Regen“, sagt die Sportwissenschaftlerin. Für beneFit war es der Startschuss zum Durchbruch. Ein Pluspunkt ihrer Aktionen und großes Überwindungskriterium für die Kursteilnehmenden: „Bei uns müssen die Menschen sich nicht vorab anmelden, müssen keinen Vertrag unterschreiben und können einfach kommen, wie es für sie passt“, sagt Lukas.

Im Februar 2022 kam es zur Vereinsgründung und dann wurde es ernst: Wie erreichen wir die Teilnehmenden? Welche sozialen Medien nutzen wir? Wie managen und wo finden wir Trainer*innen für die Angebote? Und vor allem: Wie bauen wir eine langfristige Finanzierung auf? „Regelmäßig platze uns der Kopf“, erinnern sich die beiden Gründer*innen. Die Teilnahme am Sozialstarter-Programm des Social Innovation Lab (SIL), ein kostenfreies Gründungs- und Innovationsprogramm für Social Startups, brachte schließlich mehr Durchblick und das nötige Know-how, um den Verein erfolgreich voranzubringen und  auf stabile Füße zu stellen.

„Was vor allem hilfreich war und noch immer ist, ist der Zugang zu einem Netzwerk und einer Community, zu der man über das Social Innovation Lab Anschluss hat und die ähnliche Themen und Logiken haben wie wir. Das hat für uns einen neuen Horizont eröffnet und uns Sicherheit gegeben“, sagt der Sportsoziologe.

Sportlich in die Zukunft

Wie bei fast allen sozialen Geschäftsmodellen ist die Finanzierungsfrage der anstrengendste und kräftezehrendste Part. Wirkung steht hier vor Profit und daher spielen Unterstützer*innen und Förderer eine wichtige Rolle. Die ersten 1.000 Euro für beneFit kamen von der Freiburger Bürgerstiftung. Heute sind die größten Förderer die Heidehof Stiftung, die Deutsche Fernsehlotterie und Aktion Mensch. Der Kontakt zur Heidehof Stiftung und die passenden Ansprechpartner wurden über das Social Innovation Lab hergestellt. Durch solche wertvollen Kontakte wirkt das SIL wie ein Katalysator, der den Social Startups und ihrer Wirkung ordentlich Geschwindigkeit verleiht. Statt sich ein Netzwerk mühsam aufzubauen, bekommt die Social Community des SIL dieses gleich gebündelt und in voller Stärke an die Hand: Das spart Zeit, Kraft und Nerven, motiviert die Social Entrepreneurs auf ihrem Weg und gibt vollen Schub beim Machen.

Auch die Gesundheitskasse AOK südlicher Oberrhein ist heute eine wichtige Partnerin für beneFit. „Wir stellen oftmals fest, wie hoch die bürokratischen Hürden sein können. BeneFit schafft es mit dem ganzen Team die Zielgruppe mitzunehmen, zu unterstützen, zu begleiten und auf Augenhöhe zu begegnen. Projekte mit einer solch positiven Wirkung unterstützen wir sehr gerne“, so Elisa Meuwissen, Themenfeldmanagerin Prävention in Lebenswelten.

Inzwischen haben Theresa und Lukas ein Team an ihrer Seite, das ihnen viel Arbeit abnimmt: Fünf Teilzeitangestellte und vier Minijobber*innen. Im vergangenen Jahr haben knapp 200 Menschen an den Kursen von beneFit teilgenommen, Tendenz steigend. Etwa 60 bis 80 Menschen nehmen wöchentlich an den Angeboten teil. „Ich spüre meinen Körper und fühle mich wohler nach den Kursen,“ ist nur eines von vielen positiven Feedbacks, die Theresa und Lukas von den Teilnehmenden bekommen.

Für die Zukunft ihres Vereins hat der Sportsoziologe eine Vorstellung: „Wir möchten unsere Inhalte gut verschriftlichen und alles so gut aufziehen, damit es am Ende auch in anderen Städten erfolgreich sein kann.“